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Über Langeweile

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Wo sie herrscht, duldet sie keine anderen Götter neben sich. Die Langweile ist ein gefräßiges Monster. Und sie hat einen schlechten Ruf. Dabei trägt sie ihn oft zu Unrecht. Langweile, das ist die Abwesenheit von allem: Aktivität, Vorankommen, Fortschritt. Da mäandert auch nichts. Ihr zu entkommen, ist ein Lebensprinzip geworden, ein Lustprinzip mehr oder weniger. Langeweile zu haben ist so verpönt, weil sie uns in einer ständig aktiven Gesellschaft Nichtstun und Stillstand verordnet. Weil während ihres Regiments nichts stattfindet, fühlt man sich ihr schnell ausgeliefert. Zeit wird verschwendet – übrigens sehen das auch die Faulen so. Denn auch wenn sie so faul sind, dass sie überhaupt nichts tun wollen, so empfinden auch sie Lust dabei, ihre Zeit faul zu genießen.
Langeweile regiert diesen Genuss.
Smartphones sind die ultimativen Langeweile-Verhinderer.
Soll das gut sein?

Immerhin ist Langweile auch so etwas wie ein verordneter Sekundenschlaf. Oder ein Nickerchen. In dieser Inaktivität betritt man immerhin einen Raum, in dem man sich einfach treiben lasen kann, nichts tun muss, nichts leisten muss. Auch wenn das zunächst als Horror empfunden werden kann, sind es gerade diese Pausen, die uns dazu bringen, gedanklich auch mal Luft zu holen. Wenn der Geist atmen will, dann braucht er Schlaf, Entspannung oder Langweile. Denn Aktivität oder einfache Zerstreuung bringen uns im Grunde auch nicht weiter.

Langweile, das ist dieser Zustand, den wir fürchten, weil wir über uns selbst sagen, nichts mit uns anfangen zu können. Ein Vakuum ist das, in das wir stürzen, und wir haben keine Möglichkeit, das Vakuum zu verlassen. Es ist an uns, zu warten, bis der Zustand von allein oder von außen vorübergeht – ein Gefühl des Ausgeliefertseins, in dem wir nicht Herr über uns selbst sind.
In Zeiten allgegenwärtiger Kontrolle über unsere Welt und Umwelt und der Vermessung unserer Aktivitäten ist nichts schlimmer, als warten zu müssen, bis etwas einfach vorübergeht. Eine Zumutung ist das, und wenn wir ehrlich sind, auch ein wenig wie eine Frechheit, die das Leben sich mit uns erlaubt, uns einfach zum Nichtstun zu verdammen.

Was jedoch ist gegen Langweile einzuwenden? Als naturgegebenes Regulativ unserer Sinne und Gedanken, die sich setzen, legen, neu sortieren können?
Zugegeben, als Dauerzustand ist sie grässlich, zumal sie dann in der Tat zu einem Kerker wird, in den man uns gesperrt hat.

Der Trick mag einfach sein, der Langweile anders zu begegnen: Sie als Chance zu sehen, als Geschenk. Als Auszeit, die uns hilft, die Dinge und uns selbst einfach sein zu lassen, wie sie sind.
Ich jedenfalls mag sie durchaus inzwischen von Zeit zu Zeit.

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