Zum 25. Jubiläum des Mauerfalls steht sie wieder im Raum, die Frage: Darf man die DDR einen Unrechtsstaat nennen? Oder geht dieser Begriff an der damaligen Realität vorbei? Eine geschmacklose Diskussion. Denn die Tendenz, das Wort Unrechtsstaat nicht zu verwenden, ist fatal. Wir brauchen Worte. Worte, die auch unmissverständlich deutlich sind. Worte, die Dinge und Zustände benennen.
Wir müssen uns der Bedeutung und der Geschichte dieser Begriffe sicher sein – da schaden Umdeutungen und Infragestellungen wie Hinweise darauf, dass Die Bevölkerung der DDR selbst nicht an Unrecht beteiligt war und der Begriff des Unrechtsstaats sie jedoch schuldig mache.
An Punkten wie diesen wird derlei Gebaren viel mehr als eine sprachliche Fingerübung, sondern sie wird zur Verfälschung der Wahrheit. Wer Begriffe umdeutet und verfälscht, fördert die Verwirrung und eröffnet Diskussionen rein um ihrer selbst willen.
So auch hier: Wer leugnet, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, wendet sich mit dieser Einstellung gegen das Volk der ehemaligen DDR und redet die Tendenzen klein, die ein solcher Begriff eigentlich nachhaltig zu verhindern versucht. Es ist die Aufgabe eines Begriffes wie Unrechtsstaat, das Andenken an Unrecht, Leid und Unterdrückung aufrechtzuerhalten.
Schließlich war es das Unrecht der Staatsobrigkeit dem eigenen Volk gegenüber, es war der größte Überwachungsapparat der Menschheitsgeschichte, es waren die Gefängnisse und Verurteilungen und die Mauertoten, die den Titel Unrechtsstaat erst möglich gemacht haben.
Ein Staat, der sich auf diese Weise seinem Volk gegenüber verhält, es unterdrückt und sich zum Feind macht, betreibt Unrecht. Tag für Tag.
Dies nun damit ausgleichen zu wollen, dass das Volk selbst am Unrecht nicht beteiligt war und es auch viel Normalität im Zwischenmenschlichen gab, höhlt Wahrheit aus.
In gewissem Sinne sind Begriffe Mahnmale – und die sollte man nicht beschönigen oder umdeuten. Sonst vergreift man sich an Geschichte und Wahrheit.