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Erinnerung an einen toten Freund

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Ich hatte einen besten Freund, als ich 12, 13 war. Er starb, als ich 13 war. Der Tod war damals als Konzept nicht möglich in meinem Leben, es hatte darin nichts zu suchen. Dadurch, dass es in mein Leben trat, belehrte es mich eines Besseren.

All das ist lang her. Zu vermitteln, dass der Tod von Martin damals mir heute noch nahe ginge, wäre nicht wahr.

Doch noch immer besitze ich Dinge, die mich an ihn erinnern. Damit meine ich nicht meine Geschichte, die ich damals in meinen Schock schrieb, die ich in der Klasse vorlas und die ich in meiner schönsten Schrift noch einmal für die Eltern abschrieb. Damals lernte ich, dass man derlei Texte Nachrufe nennt. 

Es sind einige persönliche Dinge aus seinem Besitz.

Da ist sein Gürtel samt Schließe, die mir tatsächlich gut gefällt. So trug ich seinen Gürtel als meinen bis in meiner 40er hinein. Ich trüge ihn heute noch, würde er mir noch passen. Vielleicht wird es wieder so sein, wer weiß.

An der Türklinke meines Arbeitszimmers baumelt seit geraumer Zeit ein schmuckloser Beutel. Keep Reading

Kürzlich verlor ich einen Eindruck

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Kürzlich verlor ich einen Eindruck. Ein Bild. Etwas, das festzuhalten gut gewesen wäre. Doch es ist verloren.

Etwas aber blieb: Ein Text, der sich aufdrängte, der entstand und der nun steht. Das ist schon was.

Das Bild, der Eindruck, das, was ich verlor, mag nun verewigt sein, in Text geronnen. Doch ist all das nur angereichert, nicht die Quelle, nicht der Grund. So ist der Ursprung fort, vergangen. Schade – es wäre leicht gewesen, festzuhalten, was ich sah: Ein Spinnennetz, gehalten von zwei Zweigen. Ein ganzer Kosmos, dachte ich. Begrenzt, doch unendlich für Bewohner, die es nicht besser wissen. Ein All und Alles, das nur als solches spürt, der all den Wald darum nicht kennt – sind das nicht wir im Universum? Was kennen wir schon, was wissen wir nur über den Zustand von alldem, das sonst noch existiert? Eigentlich sind wir Idioten.

Wir wissen nichts, wir kennen nichts. Wir glauben bloß. Und danken höchstens, dass unser Wissen uns etwas lehrt.

Ein Foto hätte es geben. Quelle und Geschöpf beisammen. Doch das Spinnennetz fand ich nicht wieder.

Meine SF-Story „Ans Tageslicht“ für Kurd Laßwitz Preis nominiert

Was war ich baff, als ich erfuhr, dass meine Science-Fiction-Erzählung Ans Tageslicht als Beste deutschsprachige SF-Erzählung des Jahres 2017 für den Kurd Laßwitz Preis nominiert wurde – und was fühlte ich mich geehrt! Es ist ja nicht so, dass mit die Auszeichnung unbekannt ist oder mir Kurd Laßwitz nichts sagt.

Erschienen ist die Geschichte im Anthologie-Band Meuterei auf Titan: 2016 Collection of Science Fiction Stories aus dem Verlag für Modernde Phantastik, in dem auch bereits die Vorjahres-Anthologie Im Licht von Orion: 2015 Collection of Science Fiction Stories mit meiner Story Fehler im System erschien.

Ans Tageslicht erzählt die Gescheite eines Mannes, der bei einem abendlichen Spaziergang ein Stück Plastik aushustet. Für ihn ist klar: Er ist ein künstlicher Mensch! Fortan sieht er überall Beweise für seine Künstlichkeit. Was, wenn er Teil einer weltumspannenden Verschwörung ist?

Gelesen habe ich sie bislang im Rahmen der Buch-Vorstellung bei der BuCon 2017, ihre Premiere feierte sie jedoch einige Jahre früher bei der 1. Karlsruher Lesenacht der Literarischen Gesellschaft Karlsruhe.
Ob die Story letztlich gewinnt, kann ich nicht sagen – soviel aber sei bemerkt: Toll ist es auch so.

Meine Erzählung „Das Ähm in M’s Garten in der Nähe von Emsdetten“ von Oliver Koch als kostenloses eBook

Da staunt die Hausgemeinschaft nicht schlecht, als ein unbekanntes Ding in ihren Garten einschlägt. Ratlos stehen die Nachbarn beisammen und versuchen zu klären, was da eigentlich vom Himmel gefallen ist. Ein Satellit? Ein Ufo? Oder etwas ganz anderes?

Einigkeit besteht darin, dass jedem die Worte fehlen, sodass „Ähem“ alles ist, was ihnen einfällt. Dich vielleicht gibt es da ja noch eine andere Lösung …

Der Name sagt es schon: „Das Ähm ins M’s Garten in der Nähe von Emsdetten“ geht als Ironie durch. Denn was passiert denn, wenn wir etwas sehen, das wir nicht fassen können? Reichen unsere Begriffe nicht aus, oder sind es unsere Denkmuster?

Während wir den Nachbarn beim Staunen und Wortfinden zusehen, können wir uns selbst dabei betrachten, wie wir wohl vorgehen würden.
Die Story ist wie immer kostenlos für die Formate epub sowie mobi, damit sowohl Leser eines Kindle, als auch anderer Reader auf ihre Kosten kommen können.

Viel Spaß beim Lesen.

Erzählung „Das Ähm in M’s Garten in der Nähe von Emsdetten“ für Leser mit tolino, Kobo im EPUB-Format kostenlos downloaden:

Das Ähm in M’s Garten in der Nähe von Emsdetten von Oliver Koch im EPUB-Format

Erzählung „Das Ähm in M’s Garten in der Nähe von Emsdetten“ für Leser mit tolino, Kobo im EPUB-Format kostenlos downloaden:

Das Ähm in Ms Garten in der Nähe von Emsdetten von Oliver Koch als eBook im MOBI-Format

 

Meine Erzählung „Inventar“ von Oliver Koch als kostenloses eBook

Ich gebe zu, „Inventar“, die einer meiner Lieblingsgeschichten ist, lästert ein wenig. Wer kennt sie nicht, diese Personen, von denen man das Gefühl hat, sie nähmen nicht am Leben teil? Vornehmlich begegnet man solchen Menschen in der Firma.
Deshalb ist auch „Inventar“ in einer nicht näher genannten Firma angesiedelt. Da sitzt Cordula, jahraus, jahrein, arbeitet vor sich hin, und stellt eines Tages fest, dass etwas mit ihrem Umfeld nicht mehr stimmt: Denn wo die Firma eigentlich auf einmal hin, in der sie die ganze Zeit zu sitzen glaubt?
Sie könnt es wissen, wenn sie von ihrem Umfeld einfach mehr Notiz genommen hätte.
Klar ist „Inventar“ eine Satire und deshalb auch auf skurille Komik angelegt. Andererseits sind mir in meinem Berufsleben durchaus Menschen begegnet, die in gewisser, abgeschwächter Weise, unserer Cordula nahe kommen.
Mir hat das Schreiben jedenfalls sehr viel Spaß gemacht, und ich hoffe, es macht auch Spaß, „Inventar“ zu lesen.

eBook „Inventar“ für Leser mit tolino, Kobo im EPUB-Format kostenlos downloaden:
Inventar – Erzählung von Oliver Koch

ebook „Inventar“ für Leser mit Kindle und anderen Geräten im MOBI-Format kostenlos downloaden:
Inventar – Erzählung von Oliver Koch

Die Lüge aller Sorrys

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Das tut mir aber leid/Wir entschuldigen uns/Kommt nicht wieder vor – Was aussieht wie ein sich verbreitender Hang zur Höflichkeit und Demut ist vielmehr Indikator für die Unsitte, sich zunächst zu viel erlaubt zu haben. Die Entschuldigung für Vergehen ist dabei kein Zeichen von Demut, sondern eine Reaktion auf den öffentlichen Druck, den man sich durch diese Geste offensiv zu nehmen versucht. Ein Ziehen aus einer Affäre, bei der man erwischt worden ist.
Das entwertet den wahren Wert einer Entschuldigung und damit eine sittliche Veranlagung, die selbstverständlich sein sollte. Auf den Stand eines bloßen Tricks degradiert, vergeht niciht nur das Tugendhafte in dem Akt der Entschuldigung, sondern auch das in dem sittlichen Verhalten, sich gar nicht erst entschuldigen zu müssen.
Das Fehlen von Scham und Unrechtsbewusstsein ist überall zu verorten und wird gerade öffentlich zur Normalität: In Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Wer immer im Fernsehen rumpöbelt, entzieht sich schon dadurch meist der Verpflichtung zur Reue, weil zahlreiche Gleichgesinnte gern mit Begriffen wie „Spaßbremsen“ am Werk sind. Reue und Benehmen als Indikator von Langeweile.

Verantwortliche von Krisen machen weiter, als wäre nichts gewesen und suchen sich entweder neue, ähnlich gelagerte Wirkungsfelder, oder können einfach ihren Job fortführen.
Politiker lassen sich zunächst bitten und schließlich in die Ecke drängen, bevor sie Anstand walten lassen – nachdem sie durch ihr reuwürdiges Verhalten bereits allen Anstand haben vermissen lassen.
Unternehmen geben zu, Daten nicht zu löschen oder ungefragt zu sammeln und zu verwerten – kommt es heraus, entschuldigen sie sich und geloben Besserung.

Entschuldigungen also als Beweis von Sitte und Anstand?

Eher eine Notlösung inzwischen, die marktschreierisch dazu dienen soll, durch sie öffentlich Werbung für sich zu machen.

Ein Armutszeugnis dem, der so handelt.
Eine Blamage für den, der ihnen glaubt.
Eine Warnung an alle.

Dieser Text erschien bereits in meinem Blog www.gedankenzirkus.de im Jahr 2012.

Meine SF-Erzählung „Schiffe die sich nähern“ als kostenloses eBook

Mit „Schiffe, die sich nähern“ kommt nun eine meiner Science-Fiction-Storys als eBook. In Zukunft kommen noch andere SF-Erzählungen dazu. Worum es geht?
Auf eines Insel lebt der Rest der Menschheit nach einer Alien-Invasion. Hochgerüstet wird man jeden Übernahmeversuch abwehren. Wir begleiten den Soldaten Kent, der am Strand Wache hält, und das Mädchen Kelly, das im Keller kauert – denn es gibt Alarm: Schiffe mit Flüchtlingen nähern sich der Insel. Getrieben von Angst und Misstrauen gegen die Fremden stellt sich die Frage: Soll man die Schiffe anlegen lassen oder zerstören?

„Schiffe, die sich nähern“ hat einige Jahre auf dem Buckel, sie ist mindestens 15 Jahre alt. Ich weiß es nicht mehr. Ich ordne sie um 2004, 2205 ein. Auch kann ich nicht mehr sagen, was mich auf den Gedanken zur Geschichte brachte. In jedem Fall fand ich es reizvoll, eine Geschichte aus mehreren Perspektiven zu schreiben, um Sorgen, Ängste und Zweifel besser darstellen zu können. Denn natürlich geht es hier um Misstrauen, das existienziell geworden ist einer Welt, die von Zerstörung und Vernichtung geprägt ist.
Auch mag ich den Action-Charataker der Story und die Dialogteile.
Gesprochen wird in meinen Geschichten ja eher weniger, vieles läuft im Innern der Köpfe ab – in „Schiffe, die sich nähern“ ist das anders. Hier blickt man ins Ungewisse und sprich darüber. Das bringt ein Tempo in die Geschichte, das ich sonst weniger verwende. Auch die Dialoge beschleunigen die Geschichte sehr. Üblicherweise lasse ich viel Dialog eher in Satiren zu. „Schiffe, die sich nähern“ ist keine, sondern mehr oder weniger klassische Science-Fiction.
Zur Sicience-Fiction habe ich seit jeher eine enge Verbundenheit, die ersten meiner Geschichten und auch meine ersten Romane, die aus gutem Grund unveröffentlicht sind, waren Science Fiction. Ich liebe dieses Genre. Da ist es schon erstaunlich, dass ich in vielen Jahren so wenig Science Fiction schrieb. Aber das hat seine Gründe. Aber dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.

Vorerst sage ich nur:
Viel Spaß beim Lesen:

eBook für Leser mit tolino, Kobo im EPUB-Format kostenlos downloaden:
Schiffe, die sich nahern: SF-Erzählung von Oliver Koch

ebook für Leser mit Kindle und anderen Geräten im MOBI-Format kostenlos downloaden:
Schiffe die sich nahern: SF-Erzählung von Oliver Koch

Meine Erzählung „Nach Nirgendwo“ als kostenloses eBook

Ganz sicher hätte unser Protagonist von „Nach Irgendwo“ nicht damit gerechnet, dass ihm so etwas passieren würde; denn eigentlich hat er nur früher Feierabend und sich früher als sonst auf den Heimweg gemacht. Klar, der Popel in seiner Nase stört ihn, und man weiß ja, wie sehr man gerade dann beobachtet wird, wenn man es nicht ahnt. Aber was soll man machen, wenn man an der Haltestelle steht und auf seine Bahn wartet?
Man fügt sich in sein Schicksal.

„Nach Nirgendwo“ habe ich als mysteriöse Geschichte gleich auf dem Cover gekennzeichnet. Ein klein wenig möchte ich ja, dass der Leser, wenn er sich schon keine Vorstellung von dem machen kann, was passiert, zumindest ahnt, was da in etwa auf ihn zukommt.

Die Geschichte fiel mir ein, als ich – tja, was wohl? – an einer Haltestelle stand und auf meine Bahn wartete. Es war im übrigen die Haltestelle Ettlingen-Stadt, und so mag man das Bild mitnehmen, wenn man die Geschichte liest. Gebunden an den Ort ist sie allerdings nicht.
Und mir fiel sofort der erste Satz ein, mit der „Nach Nirgendwo“ beginnt: „Er widerstand zu popeln.“ Das ist so ein Satz, von dem ich nicht mehr loskam. So kam es, dass ich die Geschichte im Kopf hatte, während ich irgendwann im Sommer 2012 heim fuhr und sie dann schrieb, kaum dass ich zuhause war. Da ich Geschichten meist nie am Stück herunter schreibe, nehme ich rückblickend an, dass ich auch hier einige Tage bzw. Abende am Werk war.

So übergebe ich jetzt direkt an die Geschichte selbst und das mysteriöse Ereignis, das sie beschreibt.
Viel Spaß beim Lesen!

eBook für Leser mit tolino, Kobo im EPUB-Format kostenlos downloaden:
Nach Nirgendwo. Erzählung von Oliver Koch

ebook für Leser mit Kindle und anderen Geräten im MOBI-Format kostenlos downloaden:
Nach Nirgendwo: Erzählung von Oliver Koch

Über Langeweile

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Wo sie herrscht, duldet sie keine anderen Götter neben sich. Die Langweile ist ein gefräßiges Monster. Und sie hat einen schlechten Ruf. Dabei trägt sie ihn oft zu Unrecht. Langweile, das ist die Abwesenheit von allem: Aktivität, Vorankommen, Fortschritt. Da mäandert auch nichts. Ihr zu entkommen, ist ein Lebensprinzip geworden, ein Lustprinzip mehr oder weniger. Langeweile zu haben ist so verpönt, weil sie uns in einer ständig aktiven Gesellschaft Nichtstun und Stillstand verordnet. Weil während ihres Regiments nichts stattfindet, fühlt man sich ihr schnell ausgeliefert. Zeit wird verschwendet – übrigens sehen das auch die Faulen so. Denn auch wenn sie so faul sind, dass sie überhaupt nichts tun wollen, so empfinden auch sie Lust dabei, ihre Zeit faul zu genießen.
Langeweile regiert diesen Genuss.
Smartphones sind die ultimativen Langeweile-Verhinderer.
Soll das gut sein?

Immerhin ist Langweile auch so etwas wie ein verordneter Sekundenschlaf. Oder ein Nickerchen. In dieser Inaktivität betritt man immerhin einen Raum, in dem man sich einfach treiben lasen kann, nichts tun muss, nichts leisten muss. Auch wenn das zunächst als Horror empfunden werden kann, sind es gerade diese Pausen, die uns dazu bringen, gedanklich auch mal Luft zu holen. Wenn der Geist atmen will, dann braucht er Schlaf, Entspannung oder Langweile. Denn Aktivität oder einfache Zerstreuung bringen uns im Grunde auch nicht weiter.

Langweile, das ist dieser Zustand, den wir fürchten, weil wir über uns selbst sagen, nichts mit uns anfangen zu können. Ein Vakuum ist das, in das wir stürzen, und wir haben keine Möglichkeit, das Vakuum zu verlassen. Es ist an uns, zu warten, bis der Zustand von allein oder von außen vorübergeht – ein Gefühl des Ausgeliefertseins, in dem wir nicht Herr über uns selbst sind.
In Zeiten allgegenwärtiger Kontrolle über unsere Welt und Umwelt und der Vermessung unserer Aktivitäten ist nichts schlimmer, als warten zu müssen, bis etwas einfach vorübergeht. Eine Zumutung ist das, und wenn wir ehrlich sind, auch ein wenig wie eine Frechheit, die das Leben sich mit uns erlaubt, uns einfach zum Nichtstun zu verdammen.

Was jedoch ist gegen Langweile einzuwenden? Als naturgegebenes Regulativ unserer Sinne und Gedanken, die sich setzen, legen, neu sortieren können?
Zugegeben, als Dauerzustand ist sie grässlich, zumal sie dann in der Tat zu einem Kerker wird, in den man uns gesperrt hat.

Der Trick mag einfach sein, der Langweile anders zu begegnen: Sie als Chance zu sehen, als Geschenk. Als Auszeit, die uns hilft, die Dinge und uns selbst einfach sein zu lassen, wie sie sind.
Ich jedenfalls mag sie durchaus inzwischen von Zeit zu Zeit.

Video: Lesung meiner Erzählung „Bekenntnisse eines Diätwilligen“

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Eine Geschichte, ein Fitnessstudio, eine Kamera: Mehr brauchte es nicht für meine Videolesung, in der ich meine groteske Erzählung „Bekenntnisse eines Diätwilligen“ las – im laufenden Betrieb meines Fitnessstudios.

Und um was geht es in „Bekenntnisse eines Diätwilligen“?
Die überdrehte Groteske nimmt den Abnehmwahn auf die Schippe. Das allerdings drastisch: Unsere Hauptfigur beginnt nach diversen Diäten zunächst damit, mit hemmungslosem Sex abzunehmen, bevor ihm eine weitere, weit effektivere Idee kommt. Und die macht ihn zum mehrfachen Mörder – aber was tut man nicht alles für eine gute Figur …

Wie es dazu kam? Für die Literaturtage hatte ich die Idee einer Lesereihe namens „Literaturort“: Hier sollten Autorinnen und Autoren mit Kameras bewaffnet an Orte gehen, die nichts mit Literatur zu tun haben, und mit ihrer Lesung diese Orte „mit Literatur aufladen“ und sie damit zu Literaturorten zu machen.
Mein Gedanke dahinter war, dass Literatur nicht nur überall stattfindet, sondern auch entsteht, als Teil und auch als Resultat des Alltags.
Die Lesereihe fand dann in einer öffentlichen Lesung im KOHI Kulturraum in der Karlsruher Südstadt ihren Abschluss.

„Bekenntnisse eines Diätwilligen“ entstand als eines der Videos, mit denen ich „in Vorleistung“ ging.

Viel Spaß wünsche ich.

Meine Erzählungen als eBooks online

Ich werde nun damit beginnen, auf meinem Blog nach und nach Erzählungen von mir kostenlos als eBook zu veröffentlichen. Jedes steht für den Einsatz von eReadern in den Formaten .MOBI, EPUB sowie AZW3, damit sie auf allen gängigen Readern wie Kindle, tolino und anderen lesbar sind.

Auch die Cover stammen von mir. Ich habe mich für einen durchgehenden Stil entschieden, damit meine Bücher auch erkennbar sind. Außerdem möchte ich möglichst viel selbst über das eBook bestimmen. Die Cover sind mir daher eine Herzensagenelgenheit, die mir großen Spaß macht.

Wer mag, kann sich die Dateien einfach herunterladen und lesen, ich freue mich über Leser und auch über Meinungen und Diskussionen. Gerne über Kommentare, oder auch per E-Mail. Und wer mich kennt und mich trifft, kann es mir auch persönlich mitteilen, was er findet.

Ab morgen kommt die erste Erzählung online: Es wird die schräge Geschichte „Spanplatte weiß“ sein. Ab dann soll einmal pro Woche zum Wochenende eine neue Erzählung erscheinen.
Viel Spaß beim Lesen!

Gleich nebenan wartet die bessere Welt

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Gleich nebenan ist sie: Die bessere Welt.
In der Milch und Honig fließen, in der alles besser ist, in der das glückliche Leben auf uns wartet – Physiker halten Paralleldimensionen für möglich, auch wenn hier der wissenschaftliche Beweis fehlt. Wenn er denn je kommt. Oder sich das Ganze nur als Hirngespinst herausstellt.
Paralleldimensionen, unendliche von ihnen heißt: Unsere Realität immer leicht abgewandelt. Man könnte hineintreten und auswählen, welche einem lieber ist. Eine Realität, in der es 9/11 nicht gab und damit den darauf eingeschlagenen Lauf der Weltgeschichte nicht. Eine Realität, in der wir einen beruflichen Weg nicht verlassen, sondern weiterverfolgt haben. Eine Realität, in der ein Mensch, den wir liebten, noch lebt. Eine, in der wir den Lottogewinn von etlichen Millionen doch abgestaubt haben. Eine, in der wir Mut hatten, Dinge zu tun und Schritte zu gehen, die wir in unserer Welt zu feige sind, anzugehen.
Das klingt zunächst verlockend.
Wenn da die Gier nicht wäre.

Denn glauben wir allen Ernstes, wir werden in der Parallelwelt glücklicher? Sicher, die Euphorie nach dem erfolgten Übertritt wäre immens! Geschafft, erreicht, gesiegt! Doch da sind ja die vielen kleinen Nadelstiche, die diese Realitäten für uns nach wie vor bereithalten. Schließlich wäre nicht automatisch alles korrigiert, was uns stören könnte. Und so begänne die Mäkelei dennoch, wenn nicht gar das pure Unglück. Plötzlich oder im Lauf der Zeit stellen wir fest, dass das Bett, in das wir gestiegen sind, voller Flöhe ist oder der Wunschpartner schnarcht, furzt, uns betrügt, ein Tyrann wird oder Invalide, der Job, wegen dem wir den Übertritt getan haben, endet durch eine Firmenpleite oder wir werden ausgeraubt oder das Haus brennt nieder und dann stehen wir da und rufen den Bauchladen herbei, der uns bitte die möglichen Alternativwelten reichen möge, auf dass wir erneut auswählen könnten.
Sorry, die Realität war nix, ein Fehler, kann ich die umtauschen? Habe ich nicht ein Recht auf Umtausch? Und überhaupt, was ist mit Kulanz? Das ist doch kein Service!

Gleich nebenan ist sie: Die bessere Welt.
Denken wir.
Und ja, der Gedanke an die zumindest hypothetisch möglichen Parallelwelten, -dimensionen oder -realitäten (welcher Begriff zu einem besser passt, möge jeder selbst entscheiden), ist verlockend. Ein Lügner, wer ein Inbetrachtziehen nicht wenigstens einmal in Betracht zieht.
Nur um dann herauszufinden:
Gleich nebenan, da ist sie: Eine Welt wie jede andere. Und irgendwie auch wie unsere jetzige. Andere Dinge sind anders, besser möglicherweise auch, nur der Rest der ist ja auch noch da. Wir werden schon Wege finden, unzufrieden zu sein.
Irgendwas ist schließlich immer.

Blind – oder: Mit anderen Augen als den Augen sehen

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Ich hatte einen Traum. Er war nicht schön. Ich verlor darin das Augenlicht, ich sah mich selbst mit geschlossenen Augen, dabei sind blinde Augen geöffnet. Ich sah nichts, orientierte mich nicht. Meine Hände waren nach vorn ausgestreckt. Wie ein Zombie tastete ich mich vor, langsam, unsicher, allem beraubt. Es war so grässlich, als sei mein Leben mit dem Ende des Augenlichts zu Ende. Oder, wieder bildhaft, als erlösche mein Leben mit dem Erlöschen des Augenlichts.
Wie ist das ohne Augenlicht? Die Welt, sie ist noch da, in all ihren Formen und Farben, aber sie verbirgt sich hinter Blindheit. Und man selbst? Alles vorbei? Ich schreckte auf. Panisch atmete ich in die Nacht hinein, in die Dunkelheit und war froh, mein Augenlicht zu haben. Es dauerte, bis ich mich wieder fing. Ich schaltete das Licht ein, blickte mich um – und war mir meiner gewiss. Als sei ich es nicht, sobald ich nichts mehr sehen könnte.
Bücher lesen? Vorbei. Filme sehen? Vorbei. Schreiben? Erledigt. Blind zu sein: Das ist ein Abschneiden von Orientierung. Dabei ist das gar nicht wahr. Wer nie sah, wird womöglich nichts vermissen.
Doch wie ist es, etwas zu verlieren? Das Augenlicht – ein schönes Wort, so wahr vor allem: Es wirft Licht in die Augen, es bringt Licht der Erkenntnis, Kenntnis der Orte, der Umgebung, der Menschen.

Aber ja, das Licht lügt ja auch. Wir sehen nichts in Infrarot, dabei ist es um uns herum. Was Insekten sehen, ist nicht weniger wahrhaftig und Teil der Welt als das, was wir mit unseren Augen sehen. Wer richtig sieht und wer nichts von beiden, ist nicht ermittelbar. Beide sehen die Welt, wie sie ist, wenn auch nur einen Ausschnitt. Was also ohne Augenlicht und ohne der Illusion der alleinigen Erkenntnis und Kenntnis? Verzweifelt wär ich. Stolperfallen, auch wenn Serien und Filme von blinden Superhelden sagen, dass man Augenlicht nicht braucht.

Blind. Als ich sehend in der Nacht um mich blickte, blieb mir fast das Herz stehen vor Schreck. Ich will nicht blind sein. Ich kann mir nicht vorstellen, mich umzugewöhnen. Der Verlust wäre so stark, dass ich ihm hinterher weinen, ja schreien würde. Seht, was ich verloren habe! Würde ich mich daran gewöhnen? Wie könnte und würde ich schreiben? Wäre es so schnell und einfach wie jetzt?
Eines wäre es jedenfalls nicht mehr: So beiläufig wie jetzt. So zwischendurch. Es wäre ein Akt der Erkenntnis, der Kenntnis, durch die größere Mühe hellsichtiger in Form und Art und Inhalt. 
So sähe ich die Welt. In gewisser Hinsicht auch wieder besser als zuvor.
Blind sein heißt also alles und nichts.

Fugen oder: 30 Jahre meines Lebens

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Viel steckt in diesen Fugen. 30 Jahre meines Lebens haben sie gesehen, und man sieht es ihnen an. In ihnen steckte viel, über sie ging ich längst, als ich noch jugendlich war und voller Ideen und Träume. Außer den Fugen ist nichts davon geblieben. Wir sind gemeinsam alt geworden. Wer hätte das gedacht, als ich sie zum ersten Mal sah.

Hineingelugt hab ich in das Badezimmer ohne Licht, noch unbezogen von uns, von mir und unseren Leben. Da war es neu, unbenutzt, und ich war ihm herzlich egal wie es mir. Ich wusste nur: Ich wollte hier nicht hin. Nicht in dieses Haus, nicht in diese Stadt. Ich ließ mein Leben hinter mir, weil ich es musste.
Da waren die Fliesen und die Fugen noch neu.

Heute blicke ich sie an, mehr noch als die Fliesen, weil sie Sollbruchstellen sind und Verbindungen, und weil sie die Patina des Alters annehmen und der Jahre, die über uns hinweg gegangen sind inzwischen.

Ich habe mit all dem hier nichts mehr zu tun, und obwohl ich an mich an vieles erinnere, an das Gefühl damals, an das ein Damals, das Leben, die Träume, die Illusionen, die Freunde und der Hund, die allesamt darüber geschritten sind, sind sie hier vollends fortgewischt. Keine Hautschuppe von mir findet sich mehr hier, ich habe mich zu sehr gehäutet in der Zwischenzeit, bin ein anderer geworden.

Dieses Bad jedoch ist immer noch gleich. Die gleichen Fliesen, der gleiche Farbton. Früher war das zeitgemäß, heute wirkt es alt. Und die Fugen: Schmutzig wirkend, ohne schmutzig zu sein, streben sie einklemmt zwischen Fliesen den Wänden und Begrenzungen entgegen, seit 30 Jahren schon. So banal und doch auch nicht.

Ich schaue sie an, sie sind mein Leben irgendwie, oder zeigen sie wenigstens die Zeit, die hier vegangen ist. 30 Jahre. Alt werden will ich nicht, und nein, alt werden, das werde ich auch nicht, nicht alt in dem Sinne, in dem ich aufwuchs damals, alt zu sein.

Alt und Alter hat eine andere Bedeutung bekommen. Es hat einen Klang, den nur die Alten sprechen können. Alter spielt keine Rolle mehr, nicht so wie damals. Vor 30 Jahren, als ich die Fugen, damals unberührt, das erste Mal berührte, hatte ich vom Alter keine Vorstellung. Auch nicht von einem neuen Jahrtausend, das lag 15 Jahre noch entfernt, das Doppelte meines damaligen Lebens. Jahrtausendwende? Lag weit entfernt. Mein späteres Leben? Undenkbar. Mein damaliges als jetziges damals war genug.

Ich sehe nun auf diese Fugen und frage mich, was die Fugen meines Lebens sind, ob sie Brüche bekamen, ihre Farbe verändert haben, sich abgenutzt haben in letzter Zeit. So beharrlich, wie sie hier im Bad liegen zwischen den ewigen Fliesen, sind die Dinge meines Lebens nicht. Hier gab es immer wieder Renovierung, Ausbau, Umbau, mehr als nur ein Anstrich.

So ist dies hier ein Relikt, dieses Bad mit diesen Fliesen, ebenso wie diese Fugen. Meine sind Dehnfugen, zwischendurch erneuert und ausgewechselt, weil sich alles so geändert hat. Ich schaue es mir an und denke mir gut so. Dass es so war, wie es war. Und dass es nun vorbei ist und ist, wie es nun ist.

Biedermeier to go

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Krisen sind es, die zu Rückzügen führen. Raus aus der Welt, hinein ins Häusliche, Private, Überschaubare. Dort mag man finden, was abhanden kam: Sicherheit, Schutz, Kontrolle und Vertrauen in sich selbst und das eigene Leben. Und eine Zuflucht aus vorangegangen unsicheren Zeiten.

Biedermeier heißt eine Epoche des 19. Jahrhunderts und bezeichnet eine Abkehr von  der großen weiten Welt zugunsten der Behaglichkeit des Zuhauses mit seinem Schutz und seiner Ruhe.
Doch auch heute stürzt sich der Einzelne bisweilen zurück in sein privates Biedermeier. Nicht selten wird da ein verlängertes Wochenende zu einer privaten Biedermeier-Zeit. Heutzutage hat das Ganze einen anderen Namen: Auszeit.

Dort ist nichts Neues zu finden – und gerade das ist auch ganz gut so.

Dem privaten Biedermeier geht ein Erschöpfungszustand oder ein Schmerz voraus, im Großen nach Finanzkrisen oder Kriegen, im Kleinen nach persönlichen Schrecken, Enttäuschungen, Peinlichkeiten oder einfach nur Überforderung, Erschlöpfung und Müdigkeit. Früher gab es dafür das schlne Wort Überdruss.
Alles ist ein Zustand einer Verletzung und eines Verlustet – die Zeit zum Ausheilen brauchen. Alles, was Wunden risse oder für weitere Unruhe sorgt, muss draußen bleiben. Man verkleinert damit notwendigerweise seinen Einfluss- wie auch Wirkungsbereich, schränkt sich wohlmöglich ein, kappt Kontakte, unterbricht oder beendet Verhältnisse.

Die hereinbrechende Stille ist kein Vakuum. Sondern vielmehr birgt sie eben das, was verloren ging: Vertrauen. Vertrauen in die Welt, in Menschen, in Zustände. Und vor allem Vertrauen in sich selbst und seine eigene Meinung und Ansicht.

Es ist Vertrauen, das verloren gegangen sein muss, um das Biedermeier aufblühen zu lassen. Und wenn es anbricht, wird es als heilsam, gar als schön empfunden. Es ist die Salbe und die Schmerztablette, der Verband und der Gips. Vertrauen wieder zu gewinnen ist nötig, denn ohne dies wäre ein Weitergehen, geschweige denn ein Weiterkommen nicht möglich. Das – übrigens gar nicht biedere – Biedermeier hilft dabei.

Im überschaubaren Raum, in den man sich zurückzieht, weiß man, womit man es zu tun hat. Nichts Unerwartetes oder Unvorhergesehenes erwartet einen, nichts droht, nichts schwelt, nichts kommt auf einen zu. Ein Gefühl wattierter Sicherheit, tröstend in seiner Wärme und Weichheit. Das Kappen der Sorgen, die man als öffentliche Person mit sich herumtragen mag, verschwinden langsam, und ihr Fehlen bietet mit der Zeit Erholung von dem, was zum Grund des Rückzugs wurde. Eines Tages mag der Schmerz oder Erschöpfung oder Überruss, die man erfahren hat, von selbst abklingen.

Vertrauen kann in Sekundenschnelle schwinden, der Aufbau erfolgt in kleinen Schritten. Man muss Geduld haben. Bis der Blick sich wieder hebt, bis die Gedanken nicht mehr bleischwer den Verstand vergiften, bis einfach der Schmerz nachlässt.

Gründe für Rückzüge gibt es viele. Von Überarbeitung über Stress bis zu Enttäuschung, Verlust, Demütigung oder Zweifel reichen sie, die eines gemeinsam haben: Es gab ein Zuviel von ihnen.

Dieses Zuviel überlastet die Schaltkreise der Maschine Mensch, deren Verstand eines Tages einfach blockiert oder deren Emotionen verrückt spielen, schlimmstenfalls eine Kombination beider Zustände. Am Zuviel zerbrechen sie und sehen nur noch in der Betulichkeit ihrer eigenen vier Wände Rettung. Rückzug ist immer eine Form der Depression. Bestenfalls eine relativ harmlose. Schlimmstenfalls nicht.

Rückzug ist nicht gleichbedeutend mit Rückschritt. Und er ist auch nicht für die Ewigkeit gedacht. Auch als Epoche war das Biedermeier eine Übergangszeit, eine Reaktion auf Zeiten, die eine Restauration nötig machten. Somit geschah kulturgeschichtlich im Großen, was menschlich im Kleinen geschieht: Eine Renovierungsphase, eine Erneuerung.

Heutzutage ist das private Biedermeier nicht selten. Immer wieder wird man aus der Bahn geworfen, findet man auf die Bahn zurück. Freunde warten oder flüchten und fluchen, sehen Egoismus, mögen sich im Stich gelassen fühlen und mögen sich in ihr eigenes, individuelles Biedermeier zurückziehen. Jedenfalls abwenden vom Schlachtfeld. Doch nötig ist die Zeit dennoch, in der man dem erlittenen Schmerz oder Schock beim Abklingen nachspürt, bis man, eines Tages, das Fehlen des nachgelassenen Schmerzes nicht registriert.

Und das Biedermeier beendet.