Nein, sie stirbt doch nicht aus: Die gute alte Schreibmaschine. Das beweist Hemingwrite, eine Schreibmaschine, die – natürlich – auch noch mehr ist. Hemingwrite überträgt die Funktionalität einer alten Schreibmaschine in die heutige Zeit, so dass ein kleiner papierweißer Monitor als Papierersatz dient. Und selbstverständlich muss und kann man die Texte elektronisch speichern. Doch interessant machen Hemingwrite nicht die technischen Features, sondern vielmehr das Konzept des Schreibens, das dahintersteckt. Denn Hemingwirte besinnt und reduziert sich.
Der Begriff „retro“, der auch Hemingrwite anhaftet, reicht bei Weitem nicht aus.
Es geht um das Schreiben an sich, um die Natur des Verfassens. Sie gedeiht eben nicht in der Fülle von Funktionen und technischer Finessen, sondern dort, wo von Technik und Bedienung eben keine Rede mehr ist.
Wie ich erst kürzlich in einem Blogartikel schrieb, sind Schreibende inzwischen nicht nur von Tools umgeben, sondern von Diskussionen über deren Bedienung – Tekkies kapern alle Bereiche, wo sie oft nicht hingehören. So wundert es nicht, dass erstaunlich viele Schreibende wie Blogger, Texter, Journalisten oder Schriftsteller, nach wie vor auf das vollkommen analoge Notizbuch schwören.
Das Analoge ins Digitale zu bringen, ist ein Verdienst von Hemingwirte: Technik für den Einsatz, nicht den Einsatz für die Technik. Eine Reduzierung auf ein Wesentliches, das sich langsam wieder selbst wahrnimmt im Wust der Anwendungen.
Technik macht es vermeintlich einfach: Indem sie einem vorgaukelt, man habe etwas erreicht, wenn man sie beherrscht, wiegt sie einen in trügerischer Sicherheit. Dabei ist Schreibenden die verwendete Technik in erster Linie einmal egal. Sollte es auch, denn sie schreiben. Und ein versierter Benutzer eines Programms kann beim Schreiben nach wie vor ein untalentierter Depp sein.
Diese Wahrnehmung der eigentlichen Kompetenz und des initialen Wesens dessen, was man tun will, ist wichtiger als je zuvor. Denn es richtet sich wieder dem zu, was man eigentlich tun will und nicht, wie man es tun will. Das ist nicht nur eine Konzentration, sondern eine bewusste Ausklammerung von Störfeuer – die Vermeidung von Zeitverschwendung also.
Mit Heminwrite ist also nichts anderen als das Schreiben und das Festhalten des Geschriebenen möglich – nur statt auf Papier digital.
Das ist zu schön, um wahr zu sein? Leider ja: Denn Hemingrwite ist zunächst nicht mehr als Konzept, dem noch kein verfügbares Produkt folgt.
Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Das Team von Hemingrwite jedenfalls macht über Website, Blog und soziale Medien einiges, um auf ihr Projekt aufmerksam zu machen – das ist schon einmal geglückt, denn immer mehr Medien und Blogs befassen sich mit Hemingwrite.
So ist zu hoffen, dass eines Tages die Rückkehr zur guten alten – und doch ganz neuen – Schreibmaschine mit ihren Tugenden der Redutkion mehr sein wird als ein frommer Wunsch.