Kürzlich fand ich in Berlin mehrere Orte voller Stille. Mitten in der Stadt.
Gemeinhin sagt man ja, an solchen Orten bliebe das Leben stehen. Doch es ist umgekehrt: Hier öffnet sich ein Raum für das Leben, weil der lärmende Alltag stehenbleibt.
Die Entdeckungen fand ich bedeutsam, und ich genoss jede einzelne davon. Ich setzte mich, entspannte mich und ließ den jeweiligen Ort auf mich wirken. Dass so etwas mitten im Stadtlärm möglich ist, finde ich großartig.
Kaum fasste ich den Entschluss, diese Orte in sozialen Netzwerken zu teilen, kam die Erkenntnis, das genau das falsch gewesen wäre. Diese Orte sind deshalb Orte, weil man sie weitestgehend in Ruhe lässt. Ortskundige und Anwohner suchen sie vielleicht zur Erholung auf, aber Orte wie diese hören auf, Orte wie diese zu sein, wenn sie zu Touristen-Hotspots hochstilisiert werden.
Die Orte sind deshalb so magisch, weil sie dem Strom und der Zeit und dem Diktat des Getriebenseins trotzen. Sie widersetzen sich nicht aktiv, sondern sind ein Gegenpart zum Beschäftigtsein, weil sie einfach so sind, wie sie sind. Wer hierher kommt, will seine Ruhe haben, möchte Luft holen, braucht einen Ort zum Luftschnappen. An solchen uneitlen Orten gibt es nichts Besonderes zu sehen – sie sind einfach nur Pausen. Sie sind einfach zu dem gewachsen, was sie nun sind. Touristen finden hier außer einer Pause und friedlicher Pause in Stille nichts. Alles, was es hier zu entdecken gibt, sind Dinge in einem selbst.
Daher unterließ ich es, auf die Orte aufmerksam zu machen. Sie sollen das bleiben, was sie sind. Wer sie eines Tages zufällig entdeckt und sich dort hinsetzt, wird sich eingeladen fühlen und wissen, was ich meine.